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Claudia Schröder

Gott kennt kein Normmaß

Gott kennt kein Normmaß, wenn es um den Menschen geht.

Gott kennt kein Normmaß, weil es ihm um den Menschen geht.

 

Uns sind Normen und Gesetze und Ordnungen aber wichtig. Sie sichern uns ab, sie schützen uns. Sie grenzen uns ab, und je schwächer wir sind desto stärker werden unsere Grenzen. Ich gehöre dazu, ich ordne mich ein. Du gehörst nicht dazu, du ordnest dich nicht ein. Es entstehen Ordnungen, die inkludieren und gleichzeitig exkludieren. Sie sind alle durchweg menschlich motiviert.

 

Um Ordnungen aufrechterhalten zu können, müssen sie durchsetzbar, exekutierbar sein. Um eine Exekution unanfechtbar zu machen, muss sie sich auf eine höhere Instanz berufen können, Gesetzestexte im Weltlichen. Im Geistlichen ist diese Instanz Gott, die Ordnung bekommt einen göttlichen Charakter zugesprochen, sie soll damit unantastbar sein. Dies ist durch alle Religionen erkennbar. Gott/Götter sind Instanzen, auf die sich Nationen und Gesellschaften berufen, um ihre Ordnungen, ihren Zusammenhalt zu garantieren. Sie sind auch verbindende Glieder zwischen Nationen und Gesellschaften gewesen, um integrierend zusammen zu leben.

 

Nur, eine von Gott gegebene Ordnung gibt es nicht. Jegliche Ordnung, ich wiederhole, ist menschlich motiviert. Denn, jede Ordnung schließt gleichzeitig aus. Exkludierende Ordnungen kommen aber nicht von Gott. Wir können nur fragen, ob eine unserer Ordnungen das Attribut göttlich verdient. Welchen Maßstab lege ich dafür an? Wie schnell verfalle ich in menschliche begründete Abgrenzungen, die meinen menschlichen Ordnungsvorstellungen entsprechen?

 

Mit Jesus wendet sich Gott nicht der Gesellschaft mit ihren Ordnungen zu: er lässt die Gesellschaft vielmehr erkennen, dass ihre Ordnungen nur vermeintlich nach seinen Vorgaben erstellt sind, dass sie menschlich motiviert sind. Regina Ammicht Quinn, Theologin der Universität Tübingen, hat das so ausgedrückt: „Warum tut sich Gott so schwer, Ordnungen des Menschen anzuerkennen?“ Mit Jesus stellt Gott den Menschen, mich, als Individuum ins Zentrum der Ordnung. Jesus Ausgangspunkt ist die Liebe Gottes zu den Menschen, zu mir. Er steht den Menschen, mir, hilfreich zur Seite, nicht regelnd, er lässt mich erkennen, wo ich mich ausgrenze, wo ich ausgegrenzt werde, wo ich andere ausgrenze, wo durch diese Ausgrenzung Liebe fehlt, zu anderen, zu mir. Er hilft mir über behindernde menschgemachte Ordnungsgrenzen hinweg. Jegliche Ordnung, die das Grundprinzip Liebe zum Individuum, zu mir nicht erkennen lässt, ist nicht göttlich. Gottes Liebe kennt keine Grenze gegenüber dem Individuum, selbst für seinen Verräter hat Jesus empathische Worte des Mitleids, keine Ablehnung.

 

JEDER Mensch ist von Gott angenommen, nicht ausgegrenzt. Ausnahmslos. Alle Ordnungen, die uns sagen, dem sei nicht so, sind ausgrenzend und damit nicht göttlich. Setzen wir Grenzen, müssen wir uns im Klaren sein, dass wir Widerstände aufbauen, die auf Widerstände stoßen. Das ist nicht der Wille Gottes.

Ich muss für mich und mein Leben mit Gott Dinge nicht gutheißen, wenn ich glaube, dass sie mich nicht weiterbringen. Ich darf für mich Ordnungen aufstellen. Dass erlaubt mir aber nicht auch zu meinen, die Art und Weise meines Lebensvollzugs, meine Ordnungen anderen unter dem Vorwand aufdrängen zu dürfen, nur dieses sei auch gottgewollt.

 

Wenn Gott kein Normmaß kennt, wenn es ihm um den Menschen geht, dann sollte mir genau das Anleitung sein.


„Alle Menschen sind Ausnahmen von einer Regel, die nicht existiert“. (Fernando Pessoa)

 

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